02.08.2011

Erstes KiBiz-Änderungsgesetz – nur ein kleiner Fortschritt für die Kleinen

Marieluise Baumeister, Vorsitzende des Fachbereichs Erziehung der komba nrw, und Susanne Köllner, stellvertretende Landesvorsitzende der komba nrw, fordern weitere effektive wie aktive Schritte...

Seit August 2011 gilt das erste KiBiz-Änderungsgesetz der rot-grünen Landesregierung. Damit startet zum neuen Kindergartenjahr die Korrektur des Kinderbildungsgesetzes der Vorgängerregierung, dass im August 2008 beschlossen wurde. Entlang der gestiegenen Anforderungen und geänderten Rahmenbedingungen der Kindertagesstätten in NRW sollen Eltern unter anderem finanziell entlastet sowie die Bildungsmöglichkeiten für Kinder erweitert werden. Ziel ist es, allen Kindern eine qualitativ hochwertige, gleichzeitig beitragsfreie Bildung von Anfang an zu ermöglichen.
Jedoch ist die gewünschte Qualitätsverbesserung mit der ersten Revision, die am Freitag den 22.07.2011 nach dritter Lesung im Kabinett verabschiedet wurde, erst der Anfang.

MARIELUISE BAUMEISTER:
Die KiBiz Revision läuft unter dem Leitgedanken Weniger Gebühren und mehr Qualität. Dem ist zwar das erste Änderungsgesetz nachgekommen – allerdings  nur geringfügig. Dennoch begrüßt der Landesfachbereich Erziehung der komba gewerkschaft nrw diesen ersten Schritt in die richtige Richtung.

Zu einer wirklichen Verbesserung der Qualität gehören unserer Meinung nach mehr Personal, mehr Professionalität sowie ein besserer Betreuungsschlüssel. Die Einrichtungen brauchen zudem langfristige Planungssicherheit für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die Bereitstellung von Vertretungskräften im Krankheitsfall. Für jedes Kind muss ausreichend Zeit vorhanden sein, um der täglichen Aufgabenstellung einer umfassenden und hochwertigen Betreuung überhaupt nachkommen zu können. Dabei führt die eher unzulängliche Aufstockung durch Ergänzungskraftstunden bei weitem nicht zu den erforderlichen, durchgreifenden Verbesserungen der Personalsituation in den Kitas NRWs. Denn nur, wenn mindestens acht Kinder unter 3 Jahren betreut werden, erhält die Einrichtung die zusätzliche, halbe Ergänzungskraftstelle – das ist definitiv zu wenig.

Das KiBiz der Vorgängerregierung hat eine ganze Berufsgruppe aus dem Bereich der Betreuung von unter Dreijährigen nahezu herausgedrängt: Die Kinderpflegerinnen und –pfleger, obwohl gerade sie anhand ihrer  Ausbildung besonders für die Betreuung der unter Dreijährigen geeignet sind.  Als sich der Alltag in vielen Einrichtungen durch den U3-Ausbau sehr verändert hat, erschien die derzeitige Gesetzeslage umso widersprüchlicher. Die erste Revision greift darauf zurück und schafft hier zwar mit der Erhöhung der U3 Pauschale wieder mehr Einsatzmöglichkeiten für qualifizierte Kinderpflegerinnen und –pfleger, jedoch auch nur unzulänglich.

Wir erwartet von der Landesregierung, dass sie bei der Umsetzung der zweiten Revisionsstufe im September auch die Gewerkschaften und Verbände mit ins Boot holt. Dabei fordern wir als Landesfachbereich Erziehung:

  • eine deutliche Aufstockung der personellen Besetzung durch qualifiziertes Personal
  • die Sicherung der Verfügungszeit durch Optimierung der generellen Personalplanung bzw. -finanzierung
  • die Freistellung der Leitung von der Gruppenarbeit, um ihrer verantwortungsvollen Tätigkeit effektiv nachkommen zu können
  • den Einsatz von Hauswirtschaftskräften für Arbeiten außerhalb von pädagogischen Aufgabenstellungen
  • die Sicherung von regelmäßigen Fortbildung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

SUSANNE KÖLLNER:
Zunächst befürworte ich ausdrücklich, dass der Zeitpunkt der Revision von der neuen Landesregierung vorgezogen wurde. Diese Änderung kann aber nur ein erster Schritt zu weiteren Veränderungen und Qualitätsverbesserungen in den Einrichtungen sein. Schließlich ist es das Ziel, wirklich allen Kindern in NRW einen generell kostenfreien Kindergartenbesuch zu ermöglichen. Dass das nicht von heute auf morgen geschehen kann, erklärt sich wegen der finanziellen Situation des Landes und der Kommunen von selbst.

Besonders begrüße ich den weiteren Ausbau von Familienzentren, bin aber der Ansicht, dass auch die erhöhten Fördergelder für eine nachhaltige Arbeit in den sozialen Brennpunkten nicht ausreichen werden. Da muss noch einiges mehr kommen.

Für die Gestaltung einer qualitativ guten Bildung, Erziehung und Betreuung der Kinder auf der einen Seite und gleichzeitiger Schaffung adäquater Arbeitsplätze für unsere Erzieherinnen und Erzieher auf der anderen Seite ist die derzeitige, erste Revision ebenfalls nicht ausreichend. Beispielsweise muss beim zweiten Änderungsgesetz, dass im September kommen soll, darauf geachtet werden, dass durch die Finanzierung eine langfristige Planungssicherheit für die Träger, das Personal und die Eltern geschaffen wird. Das bedeutet unter anderem, dass befristete Verträge entfristet werden müssen, um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter enger an die Einrichtung zu binden. Gleichermaßen sollte die sogenannte Ergänzungskraft ein Drittel, die Fachkräfte zu zwei Drittel in den Kitas vertreten sein. Damit kann Qualität und Kontinuität der pädagogischen Arbeit gewährleistet werden.

Insbesondere um dem drohende Fachkräftemangel im sozialen Bereich entgegenzuwirken und junge Menschen zu motivieren, diesen Beruf zu ergreifen, sind Lösungen notwendig, die den Beruf wieder attraktiver machen. Der hohe Krankenstand im Kinderbetreuungsbereich zeigt seinerseits deutlich, dass hier Änderungen notwendig sind.
Beispielsweise kann hier durch die Verpflichtung, in jeder Einrichtung eine/n Berufspraktikanten/in zu beschäftigen, den Auszubildenden die Sicherheit gegeben werden, ihr letztes Jahr adäquat und im Rahmen einer bezahlten Tätigkeit zu absolvieren. Der klare Ausdruck der Wertschätzung durch angemessene Personalausstattung, feste Arbeitsverhältnisse und regelmäßige Fortbildungsmöglichkeiten würden ebenfalls das Ansehen des Berufsbildes erheblich steigern.

Die Landesregierung darf daher mit dem ersten Änderungsgesetz nicht aufhören, an den Unzulänglichkeiten des KiBiz zu arbeiten. Von daher fordern die komba gewerkschaft nrw beim nächsten Schritt unter anderem:

  • Der Personalschlüssel und die Verfügungszeit für Vor- und Nachbereitung, Elternarbeit, Dokumentation usw. muss angepasst werden. Dabei sind Vertretungszeiten für Krankheit und Urlaub angemessen zu berücksichtigen.
  • Elternbeiträge sind zunächst landeseinheitlich zu erheben, um die zur Zeit bestehenden Ungerechtigkeiten durch unterschiedliche Beitragsstrukturen in den Kommunen zu beseitigen.
  • Die Finanzierung sollte nicht nur den laufenden Betrieb umfassen, sondern auch die Kosten für Renovierung, Modernisierung und Reparaturen berücksichtigen. Die Verteilung der Kosten auf Land, Kommune, Träger und Eltern sind dabei derart zu bemessen, dass auf der einen Seite die Träger sich den Betrieb von Kindertageseinrichtungen, auf der anderen Seite die Eltern sich den Besuch ihrer Kinder in einer Tageseinrichtung überhaupt noch leisten können.

 

(Fotos: Eduard N. Fiegel)

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