BFB Gesundheit - Info 1/2015
Stellungnahme des Vorstandes des BFB Gesundheit der komba gewerkschaft zu der geplanten Krankenhausreform 2015:
Auf den ersten Blick erscheint das von der Bund-Länder-AG beschlossene Eckpunktepapier für eine „Krankenhausreform 2015“ vielversprechend. Schaut man jedoch genau hin wird deutlich, dass vor allem die eigentliche Ursache für die beklagte Misere, nämlich die umfassende Unterfinanzierung der Krankenhäuser, auch weiterhin konsequent ignoriert wird. Es werden bürokratische Maßnahmen in Aussicht gestellt, die die eigentliche Leistungserbringung deutscher Krankenhäuser zusätzlich belasten werden. So soll zum Beispiel der Medizinische Dienst der Krankenkassen, der nicht als neutrale Instanz, sondern als Verhandlungspartner mit Eigeninteresse gesehen werden muss, in seiner Vormachtstellung gestärkt werden. Hier wird der „Bock zum Gärtner gemacht“! Sowohl die Kostensteigerungen des laufenden Krankenhausbetriebes, als auch notwendige Investitionen sind nach wie vor nicht refinanziert.
Josef Schwarz, Vorstandsmitglied des BFB Gesundheit, bringt es auf den Punkt: „Es liest sich, als ob sich die öffentliche Hand aus der Verantwortung heraus stehlen will. All die schönen Worten können nicht verschleiern, dass die zusätzlichen `Geschenke` nicht gegenfinanziert werden und sich somit die finanzielle Ausstattung der deutschen Krankenhäuser weiterhin verschlechtern wird.“ Auch die Kombination aus Strafabschlägen und „rechtlichen Konsequenzen“ im Rahmen der Krankenhausplanung treibt den Teufelskreis weiter an: Aus Unterfinanzierung folgt Rationalisierung, die wiederum zu Qualitätseinbußen führt.
Auch vermisst man eine kritische Auseinandersetzung mit den Folgen der Einführung des DRG-Systems. „Das Grundproblem des DRG-Systems ist die fehlerhafte Fallsteuerung, die systemimmanent ist. Schließlich bringen nicht alle Fälle gutes Geld“, so Michael Kehren, Vorsitzender des BFB Gesundheit. „Aufgrund der generellen und beabsichtigten Unterfinanzierung deutscher Krankenhäuser wird deshalb immer häufiger das gemacht, was gut bezahlt wird, und nicht mehr das, was medizinisch und pflegerisch richtig und notwendig ist“, führt Kehren weiter aus.
Und der Ökonomisierungstrend geht weiter: Die in Aussicht gestellte Einführung bzw. Verstärkung einer behandlungserfolgsabhängigen Vergütungsstruktur macht deutlich, dass Medizin und Pflege (weiterhin) wirtschaftlichen Kriterien unterworfen werden sollen. Hierzu äußerte sich der DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum bereits deutlich: „Es werden erfolgsabhängige Elemente in die medizinische Leistungsvergütung eingeführt, die die Patientenbehandlungen höchstbedenklich mit ökonomischen Kalkülen und Patientenselektion fördern.“ Auch der neue Präsident der DKG, Thomas Reumann, verpasst den Plänen eine klare Absage: „Pay for Performance führt zur Risikoselektion und zu einer ethisch und sozial höchst fraglichen Ökonomisierung medizinischer Behandlungen. Dieser Ansatz sollte nicht weiter verfolgt werden – da sind wir uns mit Krankenkassen einig.“ Diese Aussagen unterstützt der BFB Gesundheit der komba gewerkschaft ausdrücklich!
Auch dem groß angekündigten Pflegestellenförderprogramm steht der BFB Gesundheit äußerst skeptisch gegenüber. 660 Mio Euro sollen, zeitlich gestaffelt mit 110 Mio. Euro in 2016, 220 Mio. Euro in 2017 und 330 Mio. Euro in 2018, dazu genutzt werden, die „Pflege am Bett“ dauerhaft zu stärken. Zu schön um wahr zu sein, wären da nicht die Erfahrungen aus dem ersten Pflegeförderprogramm aus dem Jahre 2008. Erfolge und Nachhaltigkeit des Programmes ließen zu wünschen übrig. „Werden hier bei Beschäftigten und Patienten wieder einmal - wie bereits schon nach den Protesten vor dem Brandenburger Tor im Jahr 2008 - mit großen Worten Erwartungen aufgebaut, um diese dann im Jahr nach der Bundestagswahl wieder zerfallen zu lassen? Wird der Arbeitsdruck nach 2018 für die Pflegenden ungleich höher sein als vor dem Pflege“förder“programm, da Entscheidungen wieder kassiert werden?“ Mit diesen Fragestellung macht Kollege Kehren deutlich, dass also wieder einmal ein wichtiges Thema nur notdürftig angegangen wird: Die Personalbemessung. Nach wie vor finden die tatsächlichen Personalkosten - die aber für eine sach- und fachgerechte Medizin und Pflege unverzichtbar sind - in der regelhaften Krankenhausfinanzierung keine ausreichende Berücksichtigung! Das Thema Pflegepersonalbemessung ist und bleibt ein Kernproblem, das genau wie die Krankenhausfinanzierung endlich angegangen werden muss! Aber auch hier werden weiterhin die Augen vor der Realität verschlossen.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass durch die geplante Reform die Regierung nur scheinbar den Versuch unternimmt auf die seit Jahren akut bestehenden Probleme der deutschen Krankenhäuser einzugehen. Tatsächlich sind wir weiterhin weit entfernt von einer nachhaltigen Lösung. Einem zeitlich befristeten Geschenk stehen Strafabschläge und bürokratische Vorgaben entgegen. Konkret werden Krankenhäuser mit zusätzlichen patientenfernen Aufgaben, natürlich ohne Kostenübernahme, belastet - und die zusätzlich zu schaffenden Pflegestellen ausdrücklich nicht regelhaft und nachhaltig refinanziert.
Der BFB Gesundheit der komba gewerkschaft fordert die Politik hiermit eindringlich auf, endlich die Problematik der Unterfinanzierung anzugehen. Denn mit einem „kranken Finanzierungssytem“ wird das Gesundheitswesen als Aufgabe der staatlichen Daseinsvorsorge schlechthin nicht gesund werden können.
BFB-Info 1/2015 "Stellungnahme des Vorstandes des BFB Gesundheit der komba gewerkschaft zu der geplanten Krankenhausreform 2015" als pdf-Dokument zum Dowloaden