komba gewerkschaft nrw warnt: Die Beschäftigten sind ausgelaugt!
Kolleginnen und Kollegen aus Gesundheit und Pflege fordern bei Kundgebung mehr Wertschätzung und Personal
Dormagen/Köln, 12. März 2014. Die Beschäftigten aus Gesundheit und Pflege sind müde, ausgelaugt und frustriert. „Ich arbeite seit über 40 Jahren als Krankenschwester und habe es noch nie als so schlimm empfunden wie zurzeit: Von Arbeitgeber und Politik kommt nur mangelnde Wertschätzung, anstatt konstruktive Hilfestellung“, so Eleonore Brachmann aus dem Kreiskrankenhaus Grevenbroich. Sie war wie ihre Kolleginnen und Kollegen aus dem Rhein-Kreis Neuss und Köln zur aktiven Mittagspause der komba gewerkschaft nrw vor das Kreiskrankenhaus Dormagen gekommen, um vor dem ersten Verhandlungstag (13. März 2014, Potsdam) in der Einkommensrunde 2014 für Bund und Kommunen die Forderung ihrer Gewerkschaft komba zu unterstützen. Eine faire Bezahlung, um Personal zu halten und Nachwuchs zu gewinnen, spielt bei den Verhandlungen eine wichtige Rolle. „Doch nicht nur das! Genauso frustrierend ist es, dass wir durch Arbeitsverdichtung, Stellenabbau, hohen Krankenstand und zusätzliche administrative Aufgaben kaum noch die Zeit haben, Patienten vernünftig und menschenwürdig zu versorgen. Investitionen fließen lieber in technische Ausstattungen als in zusätzliches Personal“, bemängelt eine Kollegin aus dem Kreiskrankenhaus Dormagen.
Laut Statistik betreut eine Krankenpflegekraft 22,2 Patientinnen und Patienten pro Schicht. Doch die Erfahrung im Alltag zeigt, dass die Kolleginnen und Kollegen aufgrund der angespannten Personalsituation zeitweise auch doppelt so viele Kranke auf den Stationen betreuen müssen. Andreas Gülich, Vorsitzender der komba Fachgruppe beim Landschaftsverband Rheinland (LVR) und beschäftigt beim LVR im Fachbereich Gesundheit, kennt die Daten und Fakten: „In Nordrhein-Westfalen gibt es aktuell 385 Krankenhäuser mit rund 250.000 Kolleginnen und Kollegen. Bis 2015 sollen laut Krankenhausplanung des Gesundheitsministeriums in NRW 12.000 Betten in den somatischen Krankenhäusern abgebaut werden und eine Spezialisierung der Angebote erfolgen. Dieses Vorhaben wird die Taktzahl an Patientenaufnahmen deutlich erhöhen und lässt einen weiteren Personalabbau befürchten. Im Gegensatz werden in den psychiatrischen Krankenhäusern 2.000 Betten aufgestockt, aber auch hier mit der Einführung eines pauschalierten Finanzierungssystems und damit mit einer Verweildauerverkürzung gekoppelt. Die Politik verschlimmert zusehends die Arbeitsverdichtung zu Lasten der Beschäftigten und zu Lasten der Pflegequalität. Wer will denn unter diesen Voraussetzungen noch den Beruf der Krankenschwester oder Pfleger im Gesundheitsbereich ergreifen?“
Die Schere zwischen Lohn- und Preisentwicklung klafft auch im öffentlichen Dienst zunehmend auseinander – eine sichere und lukrative Arbeitsstelle stellt dieser schon lange nicht mehr dar. Neben einer unzureichenden Bezahlung besonders der unteren Einkommensgruppen verliert der „Arbeitgeber öffentlicher Dienst“ stark an Attraktivität gegenüber der Wirtschaft. Nachwuchsmangel und Wettbewerb um Fachpersonal sind nur zwei Resultate davon. „Zwar klagen Dienstherren und Arbeitgeber auch über den demografischen Wandel, doch sind sie weit von einer professionellen Personalbedarfsplanung entfernt. Und die Politik steckt sich ihrerseits lieber die 10-prozentige Diätenerhöhung ein, während sie unsere Forderung von 100 Euro Sockel plus 3,5 Prozent und bei der Jugend eine unbefristete Übernahme nach erfolgreicher Ausbildung als Maßlosigkeit titulieren“, so Andreas Hemsing, stellvertretender Vorsitzender der komba gewerkschaft nrw und der dbb Bundestarifkommission. In den nächsten 15 Jahren werden etwa 1,5 Millionen Beschäftigte im öffentlichen Dienst altersbedingt ausscheiden.
Michael Kehren, Vorsitzender des Bundesfachbereich Gesundheit der komba gewerkschaft, der die Kundgebung organisiert hat: „Bislang haben Arbeitgeber und Politiker stets am falschen Ende gespart, auf Kosten aller Bereiche im öffentlichen Dienst. Ohne den wären wir jedoch nicht so gut durch die Krise gekommen. Und jetzt sind unter anderem die Steuereinnahmen so hoch wie nie – eine gute Chance zur Umkehr oder Wiedergutmachung! Pflegenotstand muss nicht sein, wenn die Mittel ordentlich verteilt werden. Dafür gehen wir auf die Straße, um Zeichen zu setzen!“
Pressemitteilung der komba gewerkschaft nrw "nrw: Die Beschäftigten sind ausgelaugt! Kolleginnen und Kollegen aus Gesundheit und Pflege fordern bei Kundgebung mehr Wertschätzung und Personal" als pdf-Dokument zum Downloaden
Bildergalerie: alle Fotos © Archiv komba gewerkschaft nrw